Wo Wein Geschichten erzählt und Kunst Herzen berührt – die Geisenheimer Soirée der 13
- Robert Lönarz

- vor 6 Tagen
- 3 Min. Lesezeit

Foto: Hans-Helmut Schmitt
Unter dem Leitmotiv „Im Zeichen der 13“ erlebte die Hochschule Geisenheim einen Abend, der die Grenzen zwischen Wein, Kunst und Kulinarik aufhob und zu einem emotional intensiven Gesamtkunstwerk verschmolz. Die VEG Geisenheimer Alumni Association hatte zu einer Soirée eingeladen, die mehr war als eine Weinprobe: eine Reise durch 13 Lagen, 13 Gänge und 13 Kunstwerke – getragen von Winzerinnen und Winzern, die vielfach selbst an der Hochschule ausgebildet wurden und heute zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschen Weinlandschaft gehören.
Die Mensa der Hochschule, durch Mensa-Chef Sébastien Loison und sein Team in einen festlich illuminierten Saal verwandelt, bot den passenden Rahmen. Ausgangspunkt der Idee war die Bilderserie „13“ des Rheingauer Künstlers Michael Apitz, die seit einiger Zeit die Mensa schmückt. In enger Zusammenarbeit zwischen Apitz, Loison und VEG-Präsident Robert Lönarz entstand das Konzept einer vinophilen Deutschlandreise – verbunden mit Kunst, Poesie und Kulinarik, wie man sie in dieser Form selten erlebt.
Einen besonderen Auftakt bildeten die Grußworte von Kurt Josef Zalto, die stellvertretend verlesen wurden und den Abend auf eine poetische Ebene hoben. Zalto erklärte, dass er „in Gedanken in Geisenheim“ sei und es als große Ehre empfinde, dass die Josephine No. 2 an diesem Abend das Glas der Wahl sei. Für ihn sei ein Glas ein „Werkzeug der Sinne“, inspiriert von der Natur und geschaffen, um dem Wein Freiheit zu schenken. Die Josephine mit ihrem charakteristischen Knick sei „eine unsichtbare Brücke zwischen dem Wein und unseren Sinnen“ – und solle an diesem Abend „Momente der Tiefe, Leichtigkeit und Erkenntnis“ ermöglichen. Seine Worte, die in einem herzlichen Toast auf Lebensfreude und Genuss mündeten, setzten den emotionalen Ton der Soirée.
Die anschließende Weinreise führte durch die renommiertesten Lagen Deutschlands – ein vinophiler Atlas, der gleichermaßen Tradition und Gegenwart zeigte. Vom Heppenheimer Steinkopf über das Westhofener Kirchspiel und den Erbacher Marcobrunn bis hin zum legendären Forster Kirchenstück reichte das Spektrum, gefolgt vom Homburger Kallmuth und den sächsischen Rebhängen um Schloss Proschwitz. Ein Riesling aus der ikonischen Wehlener Sonnenuhr, einer Lage, die eng mit Winzerikonen wie Dr. Loosen und Joh. Jos. Prüm verbunden ist, wurde ebenso präsentiert wie ein Spätburgunder aus dem Weingut Meyer-Näkel an der Ahr – ein Wein, der Erinnerungen an die Flutkatastrophe 2021 wachrief und eindrücklich zeigte, wie eng Wein und Menschheit verbunden sind.
Durch diese sensorische Reise führten Professorin Dr. Monika Christmann und Professor Dr. Otmar Löhnertz, die jeder Lage wissenschaftliche Tiefe und erzählerische Präzision verliehen. Michael Apitz ergänzte die Beschreibungen mit persönlichen Einblicken in die Entstehung seiner Werke, die jeder Lage eine künstlerische Handschrift verliehen.
Eine besondere emotionale Ebene erhielt der Abend durch den Beitrag von Martin Seidler. Der SWR-Moderator fungierte als literarischer Gastgeber und las zwischen den Gängen Gedichte aus Erich Kästners Zyklus „Die 13 Monate“. Seine warme Stimme, sein feines Timing und die Auswahl der Texte schufen Momente der Stille, der Reflexion und der Nähe. Viele Gäste beschrieben später, dass Seidlers poetische Zwischentöne wie ein sanfter Atem durch den Abend zogen – verbindend, beruhigend und tief berührend.
Eine persönliche Note brachte auch die Anwesenheit der Deutschen Weinkönigin Anna Zenz, die – ebenso wie Robert Lönarz – aus Ediger-Eller stammt. Ihr Grußwort, geprägt von Heimatverbundenheit und Wertschätzung für die Geisenheimer Ausbildung, verlieh dem Abend Wärme. Sie betonte, dass sie eine solche Reise durch alle 13 deutschen Anbaugebiete „noch nie in dieser Intensität erlebt“ habe.
Zu Beginn des Ab Abends gab es einen emotionalen Moment, als Norbert Bardong, einer der prägenden Sektmacher der Region, bekanntgab, seine Sektmanufaktur nach über vier Jahrzehnten zu schließen. Sein 2022er Riesling Brut aus dem Erbacher Honigberg war somit nicht nur ein Begrüßungssekt, sondern auch ein stiller Abschiedsgruß, der viele Gäste berührte.
Kulinarisch schuf Sébastien Loison mit seinem Team eine Folge von 13 Gängen, die geschmacklich wie visuell auf Sterneniveau lagen. Jeder Teller war ein kulinarisches Echo auf den begleitenden Wein – präzise komponiert, harmonisch abgestimmt und getragen von einer Küche, die weit über das hinausging, was man in einer Hochschulmensa erwartet. Zahlreiche Winzerinnen und Winzer stellten ihre Weine vergünstigt oder kostenlos zur Verfügung – ein klares Zeichen der Verbundenheit mit ihrer Alma Mater.
Besonders herzlich wurde es, als der frühere Fußball-Nationalspieler und Weinelf-Mitglied Carsten Ramelow spontan zu Trinkgeldspenden für das Küchenteam aufrief. Die Gäste folgten seinem Appell großzügig, was die familiäre und warmherzige Stimmung der Soirée eindrucksvoll widerspiegelte.
VEG-Präsident Robert Lönarz brachte schließlich auf den Punkt, was viele empfanden: „Dieser Abend war ein lebendiges Beispiel dafür, was Geisenheim ausmacht – die Verbindung von Wissen, Handwerk, Kunst, Kultur und einer Gemeinschaft, die einander trägt.“ Die Soirée endete erst weit nach 23 Uhr, begleitet von stehenden Ovationen und vielen Gesprächen, die zeigten, dass dieser Abend weit über den Moment hinaus wirken wird.
















































































Kommentare